toddler-5921831_1280

Suchen – Saugen – Schlucken

Mit den Grundbedürfnissen des Suchens, Saugens und Schluckens kommen wir zur Welt. Direkt nach der Geburt sind diese frühkindlichen Bewegungsmuster bereits vorhanden, damit wir überleben können.

Diese Verhaltensweisen sind bei allen Säugetieren zu beobachten und sichern das Überleben, vorausgesetzt sie funktionieren.
Wenn das Neugeborene – Mensch oder Tier – die Grundbegriffe der Nahrungsaufnahme beherrscht, ist das die Grundlage für sein weiteres Wachsen und Leben.

Frühkindliche Bewegungsmuster oder auch Reflexe sind unsere Grundausstattung für die ersten Lebensmonate.

Sie unterstützen uns bei den lebenswichtigen Dingen wie essen, atmen und reagieren auf Gefahrenquellen. Die Wahrnehmungsorgane sind vorhanden, aber noch nicht so ausgereift, dass wir aus unserem vollen Bewusstsein heraus zu handeln imstande sind.

Um uns „selbst-bewusst“ bewegen und mit der Umwelt in Interaktion treten zu können, ist viel üben und probieren notwendig und dabei helfen uns in den ersten Lebensmonaten die frühkindlichen Bewegungsmuster.

Wenn frühkindliche Reflexe extrem stark ausgeprägt sind und sich auch nicht umwandeln in ein normales Bewegungsverhalten, haben die betroffenen Kinder meist körperliche Beeinträchtigungen und werden medizinisch-therapeutisch begleitet.
Wir sprechen hier von Restreaktionen, die sicher nicht pathologisch sind, sondern eben in Minimalversionen noch beobachtbar bzw. mit dem kinesiologischen Muskeltest noch auffindbar sind. Diese Restreaktionen können geschickt kompensiert werden, sind jedoch wirksam.

Immer wenn ein Reiz auf die entsprechende Körperzone einwirkt, reagiert der Körper der Person mit dem gerade ausgelösten Reflexmuster. Dies führt zu Muskelspannungen, die auf Dauer zu Fehlspannungen und Schmerzen am Halte- und Bewegungsapparat führen können.

Der Suchreflex entwickelt sich bereits während der Schwangerschaft und ist nach der Geburt voll ausgeprägt. Ausgelöst wird er indem man vom Mundwinkel nach außen streicht oder eine Wange leicht berührt. Das Neugeborene reagiert auf diesen taktilen Reiz, indem es den Kopf in jene Richtung dreht, von der der Reiz kommt. Dabei wird der Mund geöffnet und die Zunge als Vorbereitung für das Saugen herausgestreckt.

Idealerweise geschieht das direkt nach der Geburt, wenn das Neugeborene sofort an die Mutterbrust angelegt wird. Der Mund wird weit geöffnet, um an der Brust anzudocken.
Anschließendes kräftiges Saugen und Schlucken sind wesentlich für diese erste Form der Nahrungsaufnahme.
Bei zu früh geborenen Kindern, die intensivmedizinisch betreut werden müssen, ist zu beobachten, dass dieser Suchreflex zwar vorhanden ist, aber dadurch, dass er nicht ausgelebt werden kann, ist das Bewegungsmuster quasi „frustriert“ und verkümmert. Möglicherweise ist dieser Reflex, wenn das Kind älter ist, persistierend (in geringem Maße) noch vorhanden, konnte nicht abgebaut bzw. integriert werden, weil er nicht verwendet wurde.

Wie lange bleibt der Suchreflex aktiv?

Normalerweise wandelt sich dieses reflektorische Suchen im 3.- 4. Lebensmonat um. Das Baby wird in seinen Bewegungen und Handlungen selbstbestimmter und steuert somit seine Nahrungsquelle bewusster
an.

Was passiert, wenn der Suchreflex beibehalten oder in Resten noch vorhanden ist?

Die Mundregion bleibt sehr sensibel. Ein Streichen über die Wange oder ein Windhauch reicht, dass sich Mund-, Kiefer- und Nackenmuskulatur verspannen.

Das Saugen ist schon beim Fötus beobachtbar. Oft sieht man bei Ultraschalluntersuchungen, dass das Ungeborene am Daumen lutscht. Es übt möglicherweise schon, damit es nach der Geburt richtig stark saugen kann. Die Technik des Saugens muss auch gelernt sein. Die Zunge drückt von unten sehr kraftvoll auf die Brustwarze und stimuliert den Milchfluss. Dann wird kräftig angesaugt.

Hier kommt noch ein anderer Reflex ins Spiel: der Babkin-Palomental-Reflex: Um den Milchfluss zu unterstützen, knetet der Säugling die Mutterbrust mit den Händen. Gleichzeitig wird gesaugt. Das bedeutet, es gibt in den ersten Lebensmonaten einen direkten Zusammenhang zwischen Mundmotorik und Handmotorik und sichert so die Ernährung in den ersten Lebensmonaten.
Der Babkin-Reflex ist wichtig für die Zungenmotorik und Zungenposition und dies wiederum ist ein essentieller Faktor beim Sprechen und der Zahnstellung. Hier wird deutlich, dass es vor allem am Anfang des Lebens einen direkten und engen Zusammenhang zwischen Mund und Handmotorik gibt.

Wie lange bleibt der Saugreflex und
der Babkin-Reflex aktiv?

Die Aufgabe des Babys besteht nun ab dem 4. Lebensmonat darin, diese enge Zusammenarbeit schrittweise zu entkoppeln mit dem Ziel, die Hände unabhängig vom Mund und dessen Motorik zu bewegen.
Ob das wirklich gelungen ist, kann man in späteren Jahren gut beobachten.
Wenn ein Kind oder Erwachsener mit den Händen arbeitet (schreiben, basteln, klavierspielen etc.) und die Zunge oder der Mund werden mitbewegt, so ist das ein Zeichen dafür, dass es zu keiner vollständigen Entkoppelung zw. Hand und Mund gekommen ist und der Babkin-Reflex in Resten noch aktiv ist.

Was passiert, wenn der Saugreflex und der Babkin-Reflex beibehalten werden oder in
Resten noch vorhanden sind?

Man könnte nun sagen „Ist ja nicht so schlimm!“. Natürlich – aber es bedeutet einen zusätzlichen Energieaufwand und die mimische Muskulatur, die Kiefer- und Nackenmuskulatur stehen permanent unter erhöhter Spannung. Diese Muskeln sind unter Dauerspannung, beginnen zu schmerzen und schränken die Bewegungsfreiheit der Gelenke z. B. des Kiefers ein.
Kieferfehlstellungen oder Zähneknirschen in der Nacht sind dann doch unangenehm und beeinflussen das Wohlbefinden.

Saugen und das Fläschchen:

Die Technik des Trinkens aus der Flasche ist eine vollkommen andere als das Saugen an der Brust. Die Zunge ist eher in einer Abwehrposition, vor allem wenn das Loch des Schnullers zu groß ist. Es kommt bei starkem Saugen zu viel Milch heraus und dadurch besteht die Gefahr des Verschluckens. Also wehrt die Zunge eher ab, ist zu weit vorne. Später beim Sprechen ist die Zunge möglicherweise auch zu weit vorne, es wird vielleicht gelispelt oder die Zähne werden durch die Zunge zu weit nach vorne gedrückt. Die Folge ist oft eine Zahnregulierung und mit viel Glück die Empfehlung zum Logopäden zu gehen.
Also macht es Sinn, sich diese Mundreflexe, die zur Kategorie der Greifreflexe gehören, genauer anzusehen.k

Das Schlucken ist wesentlich für die gesicherte Nahrungsaufnahme. Bereits im Mutterleib schluckt der Fötus und bekommt von Zeit zu Zeit Schluckauf. Nach der Geburt werden Mund und Nase freigelegt, damit Atmen und auch Schlucken gut funktionieren. Der Schluckreflex bleibt ein Leben lang erhalten.

Wie funktioniert Schlucken?

Der Schluckvorgang im Allgemeinen dient dazu, den Speisebrei aus dem Mundraum in den Rachen und weiter in die Speiseröhre zu befördern. Sobald der Brei die Gaumenbögen, den Zungengrund oder die Rachenwand berührt, wird die reflektorische Beförderung vom Hirnstamm angeordnet. Dazu wird die Luftröhre verschlossen, damit die Speise nicht in die falsche Röhre kommt.
Passiert dies, haben wir uns verschluckt und beginnen zu husten, würgen oder zu niesen, um die Luftröhre wieder freizubekommen. Im Hirnstamm liegt das Schluckzentrum direkt über dem Atemzentrum. Beide Zentren arbeiten gut zusammen. Wird geschluckt, setzt die Atmung kurzfristig aus und die Luftröhre wird reflektorisch geschlossen.
So kann der Speisebrei direkt in die Speiseröhre gelangen.

Welche Langzeitfolgen können durch nicht integrierte Such-, Saug- und Schluckreflexe auftreten?

  • Schlechte Esser: Durch die Position der Zunge sehr weit vorne wird das Kauen und Schlucken erschwert. Hartes Essen wird vermieden, Breikost bevorzugt.
  • Eventuell Sabbern wegen schlechtem Mundschluss.
  • Überempfindlichkeit um den Mund und die Lippen

Was kann man tun?

Wenn bei einem Kind oder Erwachsenen obenstehende Problematiken beobachtbar sind, ist es gut dies mittels kinesiologischer Testung genauer herauszufiltern.
Testen ist immer gut um Dinge sichtbar zu machen. Der Körper lernt zu kompensieren und zu verstecken um trotz der Irritationen zu funktionieren.
Kompensieren heißt aber immer auch viel Kraft und Energieaufwand, Muskelverspannungen, Ausweichen und belasten von Systemen, die eigentlich einen anderen Job haben.
Integrierte Reflexe führen zu Leichtigkeit in der Bewegung und im Leben, sind energiesparend und machen verspannte und schmerzende Muskeln unnötig.
Ich lade Sie ein, auf die Suche nach nichtintegrierten frühkindlichen Bewegungsmustern zu gehen.

Es lohnt sich auf jeden Fall.

Suchen wir das Schöne und Nährende im Leben

Saugen wir Kraft und Licht ein

Schlucken wir, was uns nährt und stärkt